Schlafloser Kloten-Präsident«Wir werden nächste Saison wieder voll angreifen»
Der Favorit für den Aufstieg in die National League ist gescheitert, Klotens Präsident Mike Schälchli analysiert und sagt, wie es weitergehen soll.
Mike Schälchli, wie haben Sie nach der entscheidenden Niederlage Klotens in Pruntrut gegen den HC Ajoie geschlafen?
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich letztmals so schlecht geschlafen habe. Ich fühlte mich, als ob ich ohne Fallschirm aus einem Flugzeug gesprungen wäre. Um vier Uhr ging ich ins Bett, um sechs Uhr war ich bereits wieder wach. Es ging mir so viel durch den Kopf. Doch es gibt in solchen Momenten nur eines: Aufstehen, kalt duschen, den Kopf klar kriegen, aus den Fehlern lernen und vorwärts schauen. Wir haben unser Ziel im Sport nicht erreicht. Mich zerreisst es fast. Wegen der speziellen Situation konnten wir nicht mit der Unterstützung unserer Fans rechnen. Sie konnten nicht ins Stadion, aber dennoch sind sie immer auf unserer Seite gestanden. Das verdient höchste Anerkennung. Für sie tut es mir so leid, dass wir verloren haben.
Welche Fehler hat Kloten gemacht?
Auf dem Eis haben wir die letzten 2,5 bis 5 Prozent nicht gehabt, die es braucht, um mal einen Puck über die Linie zu drücken. Oder ein Gegentor zu verhindern. Wir müssen im Team einen Charakter entwickeln, den es einfach braucht, um in solchen Situationen erfolgreich zu sein.
Machen Sie sich Vorwürfe?
Es gab ja nicht nur den Sport, es gab einige Nebenbaustellen, von denen haben wir einige bereinigt. Für die genaue Analyse im Sport ist es jetzt, so einen Tag nach dem Scheitern, zu früh. Ich bin gespannt auf die Auswertung der sportlichen Leitung.
Wie sieht es mit den finanziellen Folgen dieser speziellen Corona-Saison aus?
Wir sind vorbereitet und gut aufgestellt. Das vor allem dank des gesamten Verwaltungsrats und der 19 «Freunde», die mithelfen. Es wäre unmöglich, über zwei Jahre so viel Geld allein aufzutreiben. Die Sponsoren unterstützen uns sehr, ebenfalls die Saisonkartenbesitzer, die kein Geld zurückfordern.
«Wenn man nur die Lohnkosten nimmt, dann sind Visp, Olten oder Ajoie gar nicht so weit entfernt von uns.»
An verschiedenen Orten wurde Kloten als «Krösus» der Liga bezeichnet, jetzt heisst es, dass das Team mit dem grössten Budget gescheitert ist.
Ja, das mit dem Budget muss man schon mal ein bisschen genauer anschauen. Ajoie weist 3,5 Millionen Franken aus, wir ein Gesamtbudget von 10 Millionen. Da ist aber alles drin enthalten, zum Beispiel auch 0,5 Millionen für unsere Young Flyers. Effektiv beträgt der Aufwand 6,5 Millionen. Und wenn man dann nur die Kosten für die erste Mannschaft nimmt, dann sind Olten, Visp oder Ajoie gar nicht so weit weg oder so weit hinter uns. Bei unseren Lohnzahlungen auf jeden Fall muss ich kein schlechtes Gewissen haben, dass wir zu viel ausgeben. Man darf auch etwas nicht vergessen. Es gibt Orte, an denen es um einiges günstiger ist, Eishockey zu spielen. In Langenthal zum Beispiel.
Zurück zum Sport: Wer das letzte Spiel der Saison verliert, der ist nicht der Beste.
Wir haben diese Serie verloren, aber wir dürfen auch stolz sein auf das, was wir erreicht haben. Wir sind zweimal in Folge Qualifikationssieger geworden, einmal wurden wir von Corona gebremst, das zweite Mal kamen wir in den Final. Und in dem sind wir durch eine konsequent spielende Mannschaft bezwungen worden.
«Liegen bleiben oder einen Schritt zurückgehen, sind keine Optionen.»
2018 hat Ihr Vorgänger gesagt, dass sich Kloten drei Jahre Zeit gebe für den Wiederaufstieg. Die sind jetzt um. Folgt nun ein Sparplan, oder werden die Ziele weniger anspruchsvoll?
Auf keinen Fall. Wir haben das Ziel nach drei Jahren nicht erreicht. Aber jetzt stehen wir auf, merzen die Fehler aus und gehen weiter vorwärts. Wir werden wieder voll angreifen. Liegen bleiben oder gar einen Schritt zurückgehen, sind keine Optionen.
Können Sie schon etwas zur Besetzung des Trainerpostens sagen?
Jetzt lecken wir zuerst einmal unsere Wunden, es ist noch verfrüht, etwas dazu zu sagen. Aber ich denke, so ab Montag werden wir erste konkrete Massnahmen kommunizieren.
Was sagen Sie zu Ajoies Aufstieg?
Ich gratuliere dem HC Ajoie von ganzem Herzen. Das Team ist ein Meister der Effizienz. Einige Schlüsselspieler machten den Unterschied.
Wollen Sie jetzt, da die Angelegenheit abgeschlossen ist, etwas zum Fall Hazen/Devos sagen?
Vielleicht dies: Wenn wir mit Hazen/Devos einen Deal abgeschlossen haben, dann haben wir das sicher nicht erst vor Beginn der Finalserie getan, wie einige interpretierten oder kolportierten. Das ist doch nicht unser Stil. Wenn man so etwas macht, dann tut man das logischerweise weit voraus, zum Beispiel schon im Herbst vor Saisonstart.
Der nächste Saisonstart kommt bestimmt – wie sieht es dann in Kloten aus?
Der grösste Teil der Mannschaft bleibt zusammen. Jeder kommt erst auf die Siegerstrasse, wenn er Niederlagen akzeptiert und sich dementsprechend neu einstellt. 15 Monate haben wir ohne Zuschauer gekämpft, du bist irgendwie ohnmächtig, aber es wäre für die Leute so schön gewesen, wenn wir den letzten Schritt hätten machen können. Wir waren in der Meisterschaft nicht souverän, immer dann, wenn wir gemeint haben, wir kämen in eine Mission, kamen wieder Spiele gegen Farmteams wie Biasca dazwischen. Trotz allem aber habe ich das Gefühl, dass wir noch mehr Nähe zur Bevölkerung und zu Anhängern gefunden haben. Und das gibt uns einen grossen Schub für die nächste Saison.
Roland Jauch
Publiziert heute um 17:07 Uhr