Das Derby am Samstag in Kloten kommt für den EHC Winterthur zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Wobei: Nach bisher zwei Niederlagen mit 1:7 und einer mit 2:8 in diesen Vergleichen wären die Erfolgsaussichten in der vierten und letzten Begegnung dieser Saison auch unter besseren Voraussetzungen bescheiden gewesen. Nun aber steigt der EHCW ohne Riley Brace und Tim Wieser in dieses Spiel, die sich gegen La Chaux-de-Fonds verletzt haben und bis zu sechs Wochen ausfallen. Brace ist der Topskorer, Wieser hinter Zack Torquato der drittbeste Punktesammler und hinter Brace zweitbeste Torschütze. «Wir müssen Spieler ersetzen, die bisher über 30 Tore erzielt haben», erklärt Trainer Misko Antisin das Problem. Hinzu kommt: Die beiden Stürmer geniessen nicht nur wegen ihrer Tore, sondern auch wegen ihrer Persönlichkeit hohes Ansehen in der Mannschaft. Sie fehlen auch als Leaderfiguren.
Antisin schaut sich um
Also ist es klar, dass sich der EHCW auf dem Spielermarkt umschaut und tut, was im Rahmen seiner knappen finanziellen Mittel möglich ist. Antisin ist bereits dabei, alte Kontakte in seine kanadische Heimat zu aktivieren. Zum Beispiel Jordin Tootoo. Den 36-jährigen Stürmer, der seine Karriere nach weit über 700 NHL-Spielen vor eineinhalb Jahren beendet hat, hätte Antisin gerne in Winterthur gehabt, denn: «Es wäre für alle interessant gewesen, wie ein NHL-Star Eishockey vorlebt.» Tootoo aber sagte aus familiären Gründen ab, also geht die Suche weiter. «Gegen Kloten werden wir noch keinen Ersatz für Brace haben. Bis zum Spiel am Mittwoch gegen Thurgau aber könnte es klappen», hofft Antisin.
Welle von Verletzungen
Der EHCW wird vor allem seit dem Trainerwechsel von Michel Zeiter zu Antisin von einer Verletzungswelle heimgesucht. Schon Zeiter musste mit Luca Homberger (noch kein Einsatz) und Captain Reto Kobach (nur 13 Spiele) auf zwei Köpfe der Mannschaft weitgehend verzichten. Im dritten Match unter Antisin gegen Thurgau wurde zwar ein Punkt geholt, der aber musste mit den Ausfällen von Mike Küng, Michael Roos und Adrian Brunner teuer bezahlt werden. Von diesem Trio ist erst Küng wieder aufs Eis zurückgekehrt. Bei Brunner ist das in Kloten vorgesehen vielleicht klappt es auch bei Roos. Homberger trainiert schon länger wieder normal und könnte nächste Woche sein Comeback geben. Also zeichnete sich eine leichte Entspannung ab, wenn da nicht die neuerlichen Verletzungen von Brace und Wieser wären. Schon letzte Woche war mit Jari Allevi ein Stürmer mit einer Prognose für sechs Wochen ausgefallen. Und Kobach wird bis zum Saisonende Antisins Assistenztrainer bleiben.
Die Lage des EHCW ist deshalb dramatisch, weil es diese Saison einen Absteiger aus der Swiss League geben könnte. So stehts im Reglement und man muss davon ausgehen, dass dieses (richtigerweise) nicht während der Saison geändert wird, wie es einig Klubs der National League offenbar angestrebt haben, um den Abstieg eines ihrer Farmteams zu verhindern und stattdessen einfach einen zusätzlichen Klub aus der Mysports League aufsteigen zu lassen. Es ist ja mit Biasca auch nur ein Farmteam noch wirklich in Gefahr. Die GCK Lions werden das Playoff erreichen. Sierre, das kein Farmteam ist, aber von Servette stark unterstützt wird, und die EVZ Academy haben mit 16 respektive 11 Punkten einen Vorsprung auf die Tessiner, der gross genug sein müsste, um der Platzierungsrunde einigermassen entspannt entgegen zu sehen.
Biasca rüstet auf
Für den EHCW gilt das nicht. Er liegt nur drei Punkte vor Biasca. Obwohl man die bisherigen drei Direktbegegnungen gewonnen hat. Das Tessiner Farmteam mit Spielern von Ambri, Lugano, Davos und Lausanne ist nicht einfach so in den letzten Wochen näher herangekommen. Mit dem Amerikaner Greg Squires stellt Lugano den Ticino Rockets seit Dezember einen zweiten ausländischen Stürmer neben dem von Ambri ausgeliehenen Max Gerlach zur Verfügung. Am Dienstag spielte gegen Ajoie auch Timo Haussener wieder für Biasca, der diese Saison mehrheitlich bei Lugano im Einsatz war. Von Ambri, wo er 2019/20 zwanzig Mal auflief wurde zudem der talentierte Elia Mazzolini zurückgerufen und zumindest für ein Try-out nach einer langen Verletzungspause hat auch der 27-jährige Christian Stucki wieder einen Vertrag erhalten. 2016/17 buchte er für die Ticino Rockets in 43 Spielen 35 Skorerpunkte.
Das ist eben der Beigeschmack, den dieser Abstiegskampf hat: Die Farmteams haben im Notfall ganz andere Ressourcen als ein auf sich allein gestellter Club wie der EHCW. Der muss damit rechnen, sich in einer Ligauqualifikation bewähren zu müssen. Der Vorteil an der misslichen Lage ist: Man sich jetzt schon darauf einstellen und die dafür nötige Mentalität entwickeln.
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Auf- und Abstieg in der Swiss League
- Nach den 44 Qualifikationsrunden bestreiten die acht besten Teams der Swiss League das Playoff, während die übrigen vier in die Platzierungsrunde müssen und noch je zweimal gegeneinander spielen (6 Runden). Die Punkte aus der Qualifikation werden mitgenommen.
- Der Letzte der Platzierungsrunde muss in die Ligaqualifikation (Best of 7) gegen eine Mannschaft aus der Mysports League. Aus der Mysports League qualifiziert sich dafür, wer dort mindestens den Playoff-Final erreicht und sich überhaupt für den Aufstieg beworben hat. Beworben haben sich Martigny, Basel, Arosa und Chur. Zusätzlich müssen auch die wirtschaftlichen Kriterien für die Swiss League erfüllt, das heisst, eine Lizenzvereibarung unterschrieben sein.
- In der Ligaqualifikation darf ein Ausländer eingesetzt werden. Es kann, auch vom Teilnehmer der Swiss League, noch ein Ausländer aus Clubs der Swiss League verpflichtet werden, die die Saison schon beendet haben.